Das Holz der installativen Wand, um die Jan Davidoff die Galerieräume erweitert hat, ist genauso alt wie es aussieht, sich anfühlt und riecht: es handelt sich um Bodendielen, die der Künstler seinem vor kurzen gekauften Haus am Ammersee im Zuge einer behutsamen Restauration entnommen hat. Zu Beginn der Instandsetzung des alten Bauernhauses hat er sich auf eine spannende Zeitreise begeben: auf dem Dachboden fand er einen alten Koffer, gefüllt mit alten handgeschriebenen Briefen und Photographien aus der Zeit des ersten Weltkrieges, der nun Teil der Installation geworden ist. Die gezeigten Papierarbeiten sind aus alten Dokumenten, die der Künstler entdeckte sowie neuen Papierblättern, die im Zuge der Restauration beschrieben worden sind, entstanden und zeigen fliegende und ruhende Vögel sowie Bäume und Baumhäuser. Das Natursujet ist in Jan Davidoffs Arbeiten nicht neu. Vor gut zwei Jahren schenkte er mit einem eigens für die Ausstellung gebauten Baumhaus unseren Galerieräumen eine zauberhafte Atmosphäre. Wer von uns hat nicht selber als Kind die Wipfel alter Bäume erklommen, hat in einem Baumhaus gesessen oder nicht zumindest davon geträumt? Unsere Phantasien von damals scheinen in der aktuellen Ausstellung ›Vorzeichen‹ reifer geworden zu sein. Der Wald und die Szene, die der Besucher mit dem Durchschreiten der alten Bauernhaustür in der Holzwand betritt, verbreitet eine ungewisse Stimmung. Der Blick gleitet über Metall- und Leinwandarbeiten mit dunklen, kahlen Bäumen und altem Holz, er erfasst mattes Weiß auf glänzendem Schwarz und Sichtachsen hoch zu den Wipfeln blattloser Naturgiganten. Die Fenster sind verdunkelt, die Lichtquellen reduziert, aus einem stählernen Fass ragen raumhohe Zweige und Äste empor, die von unten beleuchtet unheimliche Schatten an die Decke werfen. In der Mitte des Raumes liegt eine alte schwarze Bauernhaustür, auf der ein steinerner Rabe Platz genommen hat. Das Ohr nimmt ein dies alles scheinbar ignorierende Vogelgezwitscher wahr und sogleich entdeckt der Blick das Austreiben neuer Knospen, den Sonnenstrahl auf goldenen Ästen und das sanfte Dahinplätschern eines Baches.
Jan Davidoff erfasst in der Ausstellung die mediale Präsenz des Unterganges, des Weltenbrandes, wie er dieser Tage allerorten zu spüren ist und mit dem es sich paradoxerweise erstaunlich gut leben lässt. Inspiriert von Rousseau und Schiller hat sich der Künstler jedoch in Teilen ein positives Weltbild zurechtgelegt, dass das Negative als Bestandteil des Guten erkennt und den Menschen als Wesen, das zwar das Schlechte erschafft, aber doch das Gute will. So wird das Gezwitscher der Vögel, der Sonnenstrahl und die frischen Knospen zu hoffnungsvollen Vorboten von etwas Neuem, etwas Anderem.
Jan Davidoff fordert mit ›Vorzeichen‹ alle Sinne des Besuchers heraus, er forciert die genaue Wahrnehmung des Kreislaufs des Lebens, er beansprucht die volle Aufmerksamkeit der Sinne. Licht, Geruch und Klang vereinigen sich mit dem visuellen Erleben der Arbeiten des Künstlers und der eigenen, individuellen Gefühle, die durch das Erlebnis der Ausstellung hervorgerufen werden und den Betrachter nachhaltig beschäftigen.