Die Galerie Lachenmann Art in Konstanz präsentiert ab dem 11. November 2017 zum ersten Mal seit ihrer Gründung eine Ausstellung, die sich ausschließlich dem Medium der Fotografie widmet. Unter dem Titel „Süchtig. Von Obsession, Fetisch und Heiligtümern“ sind den Fotografen keine Grenzen gesetzt, wie sie dieses Thema interpretieren und es sich durch individuelle Assoziationen zu Eigen machen.
In den Zeiten des Internets, des Massenkonsums und der Schnelllebigkeit werden Begriffen wie ›Obsession‹, ›Fetisch‹ und auch ›Heiligtum‹ völlige neue und differente Bedeutungen zugeschrieben. Ebenso wie bei der Frage, was Sucht eigentlich ist, gibt es wohl auch bei diesen Schlagworten keine allgemeingültige Definition mehr. Für jeden Einzelnen von uns haben bestimmte Gegenstände einen anderen Wert. Bilder, Orte, Namen, Farben - jeder fühlt sich in Zusammenhang mit anderen Dingen gerührt, bewegt oder beeinflusst.
Was ist Sucht? Nach was kann man süchtig sein? Muss eine Sucht immer unweigerlich eine Gefahr bedeuten und negativ konnotiert sein?
Sucht wird meist in einem pathologischen Zusammenhang verstanden. Jedoch gibt es neben der Sucht nach Nikotin, Rauschmitteln, Arbeit und Sex sowohl die Habsucht, die Tobsucht und die Eifersucht, als auch die Harmoniesucht. Durch diese Begrifflichkeiten ist die Sucht Teil unseres Alltags. Dabei muss die Sucht nicht zwangsläufig die Zerstörung des Subjekts bedeuten, denn sie hat viele verschiedene Gesichter, mit denen sie sich bemerkbar macht.
Die Obsession wird im psychologischen Kontext als eine zwanghafte Vorstellung oder Idee beschrieben, die das Handeln eines Menschen grundlegend beeinflussen kann, eine Zwangshandlung, die primär mit Furcht in Verbindung steht. Umgangssprachlich beschreibt eine Obsession meist die sehr starke emotionale Begeisterung für ein bestimmtes Thema oder Hobby, ebenso wie die Freude an einer gewissen Arbeit oder Aktion.
Ähnlich lässt sich der Fetisch definieren: etymologisch bedeutet er „ein Zaubermittel“; der Definition nach handelt es sich um einen Gegenstand, der von Geistern oder Mächten bewohnt ist und der damit über magische Kräfte verfügt. Heutzutage assoziiert man in erster Linie die sexuelle Konnotation des Begriffs, so können Gegenstände zum Fetisch erhoben werden und als Stimulus dienen, während der Fetischismus in diesem Kontext eine Devianz beschreibt. Im religiösen Zusammenhang erfährt der Fetischismus meistens negative Assoziationen. Aber warum ist die ursprüngliche Definition, nämlich, dass es sich bei einem Fetisch um einen Gegenstand handelt, der durch Anbetung eine gewisse magische Bedeutung erhält, in den Hintergrund gerückt?
Tempel, Altäre, heilige Stätten oder Pilgerorte, heilige Gegenstände, Reliquien und Sanktuarien, die verehrt werden, sind seit jeher zentrale Bestandteile aller Kulturen und reichen zurück bis ins Römische Reich oder das alte Griechenland, womöglich noch weiter. Besonders im religiösen Kontext werden bestimmte Landschaftsformationen als Kultstätte geheiligt. Zusammenzufassen sind diese Phänomene schlicht unter einem Wort: Heiligtümer.
Leidenschaft, Passion und Vorliebe sind eng mit unseren Schlagworten Sucht, Obsession, Heiligtum und Fetisch verknüpft und unterstreichen sowohl deren positive Aspekte als auch ihre Wurzeln. Die Kunst als solche kann selbst zur Obsession werden, als ein Heiligtum gelten oder sogar zum Fetisch des jeweiligen Künstlers werden. Andererseits können Fetischobjekte eine Wertverschiebung bedeuten, wie es etwa mit dem „objet trouvé“ durch Marcel Duchamp geschah, und sind längst Bestandteile unserer heutigen Kulturlandschaft.
Die Ausstellung „Süchtig“ möchte neue Einblicke in den facettenreichen Themenkomplex bieten, bei dem zusätzlich ein spannungsgeladenes Zusammenspiel der unterschiedlichen Fotografen entsteht, welche jeder auf seine Weise anders mit den Themen Obsession, Fetisch und Heiligtümern umgeht.
Gezeigt werden Arbeiten von fünf Photographen aus vier Ländern: Christoph Neumann (D), Werner Branz (AT), René Groebli (CH), Urška Košir (SLO) und André Wagner (D).