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›Relikte‹ 24/09/2022—19/11/2022

›Relikte‹ 24/09/2022—19/11/2022

 

Konstanz 24/09/2022—19/11/2022

Bereits im vergangenen Jahr haben sich Agnes Lammert, Franziska Klotz, Jirka Pfahl und Ronny Szillo mit der Frage „Was bleibt?“ beschäftigt.
Hierzu entstand ein spannendes Ausstellungskonzept mit dem Titel ›Nachwelt‹, das besonders in Zeiten einer weltweiten Pandemie dringliche Fragen stellte und erste Antworten präsentierte.

In der Ausstellung ›Nachwelt‹, die in unserer Frankfurter Galerie zu sehen war, stellten die vier aus Leipzig und Berlin stammenden Künstlerinnen und Künstler ihre Prognosen der Zukunft und eine Geschichte von Morgen vor.

Mit der Ausstellung ›Relikte‹ spüren wir der Bedeutung von Kunst in einer nahen oder fernen Zukunft nach, fragen nach der Substanz des Menschen in Verbindung mit einer dann vergangenen Zeit und inszenieren zeitgenössische Erzeugnisse als fiktive Überbleibsel des Gewesenen.

In den sinnlichen Arbeiten von Agnes Lammert bleiben die Spuren der Entstehung sichtbar und verweisen damit auf ihre eigene Materialität. Geheimnisvoll und doch vertraut beleben die haptischen Skulpturen den Ausstellungsraum. Die frei hängenden Skulpturen von Agnes Lammert symbolisieren die Schwere einer Dystopie, die Vergänglichkeit und die darauf folgende Leichtigkeit. Das gelingt der Künstlerin mit der Arbeit "Schwere", einem fiktiv leichten, durchlässigen Stoff, der die Formen eines Körpers umschmeichelt. Die frei hängende Skulptur, die sich in einer ständigen, sanften Bewegung befindet, löst beim Betrachter Neugier und Faszination aus. Auch Agnes Lammert versteht es, die Kazé immanente Ambivalenz zwischen Materialbeschaffenheit und Wirkung in ihre Arbeiten einfließen zu lassen. Die Temperaturempfindlichkeit des Materials Wachs bestätigt es als vergängliches, fragiles Artefakt einer kurzlebigen Zeitspanne. Das Zusammenspiel von scheinbarer Schwere und vermeintlicher Leichtigkeit, in ihrer gegenseitigen Bedingtheit und Widersprüchlichkeit, verweist auf eine ungewisse Zukunft, die mit der Ausstellung befragt werden kann. Was ist besetzt, was bleibt bestehen und was wird vergehen?

Jirka Pfahl zeigt neben seinen charakteristischen Papierfaltungen in reduzierten Tönen von Schwarz und Weiß eine installative Arbeit: die Installation ›ohne Titel (Marcel Duchamp)‹ entstand als Hommage an den großen Konzeptkünstler des vergangenen Jahrhunderts. Die Arbeit von Jirka Pfahl untersucht die Möglichkeiten und Grenzen eines
blockchainbasierten Kunstwerks, welches sich an den neuen digitalen Werten und
Bewertungssystemen orientiert. Blockchain ist eine kontinuierlich erweiterbare Liste von
Datensätzen und lässt sich unendlich lang fortführen. Die in dem verborgenen Netz des
Computers existierende Verkettung bringt Jirka Pfahl in eine sichtbare Form. So bestehen seine Arbeiten aus gefalteten Formen, die sich wie ein Netz über die gesamte Fläche verteilen. In ihrer ständigen Wiederholung und Reproduzierbarkeit stoßen sie Gedanken über die Unendlichkeit an. Diese Arbeit soll stellvertretend stehen für die Errungenschaften der Technik, welche auch in einem dystopischen Szenario ohne menschliche Bevölkerung weiter existieren würden. Jirka Pfahl führt uns vor Augen, dass der Mensch, der selbst endlich ist, unendliche Dinge erschaffen kann. Neben der rasanten technischen Entwicklung hat sich auch der menschliche Geist und Verstand gewandelt. Kritisches Denken gehört mehr denn je zum Zeitgeist.

Im klassischen Medium der Leinwandmalerei zeigt uns Franziska Klotz Mumienporträts von Frauen, die einst gelebt haben und spielt in ihrer figurativen Malweise mit transformativen Momenten von abstrakten Flächen und Unschärfe. Franziska Klotz porträtiert Teenager, auf deren Generation sowohl schweres Erbe als auch große Hoffnung liegt und deren Zukunft ungewiss ist. Die Kritik der jüngeren Generationen wird daher stets lauter. Die Forderung bestehende Konventionen zu überdenken, greift Klotz wiederum in der Position als Malerin auf.
Bestehende veraltete Ordnungen führen zu einer düsteren Zukunft, die Klotz in ihrem Werk Moorbrücke verbildlicht. Der Drang sie zu sprengen besteht zeitgleich mit ihrem eigenen inneren Zusammenbruch, den die Künstlerin mit einem Sprung im Glas verdeutlicht.

Der vierte Künstler unserer heutigen Gruppenshow Ronny Szillo, bezeichnet sich selbst als Archäologen der Zukunft und arbeitet in Ton fiktive Funde einer noch nicht gekommenen Zeit heraus. Die Skulpturen von Ronny Szillo werfen die spielerische Frage auf, welche Objekte aus unserer Gegenwart ein zukünftiger Archäologe wohl finden würde. Im direkten Vergleich zu historischen, aufsehenerregenden Grabfunden vergangener Zeiten schafft Ronny Szillo grellbunte Fossilien der Zukunft. In Anlehnung an über Jahrtausende zusammengepresste Gesteinsschichten, in denen versteinerte Schnecken und Pflanzen zu finden sind, umschließt der graue Beton bunte Turnschuhe, glitzernde Handyhüllen und Alltagsgegenstände wie Zahnbürsten. Nicht handbemalte Keramikscherben oder antike Werkzeuge zeugen von unserer Zivilisation, sondern all jene scheinbar alltäglichen Gegenstände und Artefakte, die Ronny Szillo zu einem verdächtigen Spiegelbild des Anthropozäns verschmilzt. Mit einem kritischen Augenzwinkern entpuppt sich der Künstler als Zukunftsvisionär, der es nicht nur wagt, die multimediale Struktur unserer Zeit im Sinne einer "schönen neuen Welt" zu hinterfragen, sondern auch in einen Dialog mit der Kunstgeschichte, der Natur der Materialien und des Handwerks tritt. Die Ästhetik des 21. Jahrhunderts wird von Ronny Szillo für die Nachwelt in Beton gegossen.

 

Installation views: Credits Biliana Peneva und Lachenmann Art

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