Welches wäre der ideale Ort für eines Deiner Kunstwerke?
Da meine Arbeiten oft ein wenig schroff daherkommen, stelle ich sehr gerne in einem „White Cube“ aus. Der Kontrast zwischen Werk und Raum bringt natürlich die Kunst in besonderem Maße zur Geltung. Das ist einfach.
Auf der anderen Seite sind Räume, die ein großes Maß an Eigenständigkeit, Geschichte oder Atmosphäre besitzen, eine spannende Herausforderung. Farbige Wände, Naturstein oder sogar ein sakraler Raum laden zu installativen Lösungen ein. In der Vergangenheit habe ich einige solcher Installationen inszeniert. Ein auf den ersten Blick problematischer Ausstellungsraum bietet oft großartige Erzählungen an.
Meine Seestücke haben sich übrigens dahingehend weiter entwickelt, dass die Malgründe aus Sackleinen an einigen Stellen Durchbrüche aufweisen. Mir schwebt vor, diese Bilder idealerweise an Menschen abzugeben, die farbige Wände haben. Durch die Löcher wird die Wandfarbe Teil des Werks. Es ist großartig, wenn etwas Unvorhergesehenes mit meinen Arbeiten passiert. Die Malereien können sich entwickeln, je nachdem, wo sie ein neues Zuhause finden.
Robert Ritter, 2016, Seestück, Acryl auf Leinwand, 23 x 21 x 9 cm
Wenn Du nur noch mit einer Farbe malen dürftest, welche wäre es?
Phthaloblau
Welches ist Dein Lieblingswerkzeug?
Der Kugelschreiber. Sehr direkt, sehr unmittelbar.
Mit welcher Person, tot oder lebendig, würdest Du Dich gerne unterhalten und worüber?
Eigentlich müsste ich jetzt sagen: „Claude Monet“. Ich hege große Ehrfurcht vor seiner Lebensleistung und war schon immer beeindruckt von dieser perfekten Zusammenkunft von Farbigkeit und Farbauftrag. Es gelingt ihm auf unglaubliche Weise, etwas im besten Sinne Schönes zu erschaffen, das aber gleichzeitig exzentrisch, manchmal sogar schräg ist. Auch anderen Malerinnen und Malern wie Pia Fries, Paula Modersohn Becker oder H.R.Giger würde ich gerne Fragen stellen. Über ihr Leben, ihre Entwicklung, ihre Malerei. Gleichzeitig bin ich mir sicher, dass die Verehrung, die ich beispielsweise für Monet empfinde, mindestens eine ungesunde Facette beinhaltet.
Personen des öffentlichen Lebens, Menschen in Führungspositionen, werden von anderen ganzheitlich und bedingungslos verehrt. In den Köpfen entstehen auf diese Weise toxische und hierarchische Strukturen. Auf einem meiner Poster habe ich Monet, zu dem ich wie gesagt aufblicke, als „fucking dickhead“ bezeichnet. Hat er das verdient?
Welche Musik würde Deine Kunst am besten beschreiben?
Aktuell bereite ich mich auf eine Ausstellung mit dem Titel „dark pop“ vor. Mir gefällt dabei, dass ich Popmusik, wie sie im Radio läuft, eigentlich gar nicht so sehr schätze. Es geht eher um Populärkultur und populäre Musik im weiteren Sinne. Diese Aspekte haben sehr viel mit meiner künstlerischen Identität zu tun. Ich könnte mir sehr gut eine Art Soundcollage vorstellen, zu der meine Arbeit Illustrationen sind. Aus Musik von Punkbands wie Descendents oder von Miles Davis und Leonard Cohen. In den Werken solcher Musiker höre ich Melancholie, das Nachdenken über die Möglichkeiten der Kunst und unmittelbare Energie. Das sind unterschiedliche Facetten von dem, was mich beim Malen bewegt.
Beschreibe Dein Kunstwerk ¡Viva la luz! bitte in wenigen Worten.
Dark pop.
Robert Ritter, Viva la Luz, 2024, Mischtechnik auf Papier, 85 x 60 cm
Welche Kunsttrends inspirieren Deine aktuellen Arbeiten?
Für mich gibt es keinen Unterschied zwischen U-Kultur und E-Kultur. Ich kann ein Konzert in der Philharmonie ebenso genießen wie ein Konzert im Crash Freiburg. Dementsprechend chaotisch ist die Liste der Trends, von denen ich mich anregen lasse. Segantini trifft auf Frank Frazetta, Paula Modersohn Becker auf Metalcover, Fra Angelico auf Comics…
Wie hat sich Dein Stil im Laufe der Zeit verändert?
Stil ist so ein eigenartiges Konstrukt, das irgendwie aus einer anderen Zeit zu kommen scheint. Eigentlich scheint kulturell wie politisch oder auch naturwissenschaftlich alles mit allem zu tun zu haben. Stil wirkt da mittlerweile eher wie eine Art Marktposition. Auf der einen Seite entsteht natürlich durch die stete Wiederholung eine Art Könnerschaft, auf der anderen Seite Routine. Ich versuche ein immer besserer Maler zu werden, ohne mich dabei einengen zu lassen oder in Routinen zu verfallen. So bin ich oft überrascht, wohin mich meine Malereien führen. Das ist ein sehr lebendiger Prozess innerhalb eines turbulenten Bilderkosmos mit wiederkehrenden Leitmotiven.
Woher nimmst Du die Kraft, neue Kunst zu schaffen?
Kunst gibt mir die Kraft, alles andere zu schaffen.
Welche Frage hättest Du Dir gewünscht, dass wir sie Dir stellen?
Warum fällt es uns so schwer, miteinander zu debattieren und dabei zuzuhören?
Blog Hauptbild: Credits Daniel Beyer